Wenn Elke plötzlich Plus-Size ist

Wenn Elke plötzlich Plus-Size ist

Alle kennen und lieben sie. Die Beste Band der Welt: Die Ärzte! Ihre sarkastischen, lustigen, teils echt gemeinen und hin und wieder sittenwidrigen Lieder, die neben ihrer Originalität auch noch gut geschrieben sind, begeistern uns schon seit 40 Jahren immer wieder. Sei es Claudia mit ihrem Schäferhund, die Dusche, die der einzige Freund ist oder halt Elke, die so fett ist, dass es auf dem Friedhof keinen Platz für ihre Beerdigung gibt.

Gerade Elke ist einer der Songs, der für den derben Humor sowie die lyrische Kunst der Ärzte steht. Mir wurde mal erzählt, dass es eine dicke Elke gab, die Farin & Co. mit Fanliebe quasi terrorisiert hat. Heutzutage würde man wahrscheinlich von Stalken sprechen. Es hieß, dass man so Elke ein für allemal klarmachen wollte, dass sie zu weit geht (Wahrheitsgehalt kann angezweifelt werden). Dabei entstand ein lustiges Lied mit Sprüchen über Dicke (Frauen), die sich in unsere Gehirne gebrannt haben wie das Mal eines Viehzüchters in die linke Arschbacke seines Zuchtbullen.

Neulich traten die drei, wie ein Freund von mir sagen würde, "Schlagersänger" auf und gaben mal wieder ihr Bestes. Bis plötzlich einige Leute in der Menge wollten, dass die Beste Band der Welt ihren Klassiker Elke raushaut. Da sagt Farin, der Frontmann, folgendes:

"Nee Leute, Elke ist fatshaming und misogyn, sowas spielen wir nicht mehr, das ist letztes Jahrtausend!"
- Farin Urlaub

Joah. Einst Punks, nun linientreu (also das Gegenteil). Luschen.

Wenn Elke ja so misogyn ist, dann wären folgende Lieder auch anzuprangern:

Die Banane
Sexismus, Misogonie und Misandrie. Männer werden als Notgeil und Frauen als Sexobjekte dargestellt. Die arme Banane, die in dem Lied besungen wird, ist zum Phallussymbol degradiert worden.

3-Tage-Bart
Bodyshaming und Misandrie. Nicht jedem wächst ein vernünftiger Bart aber man erwartet das von einem echten Mann. Das wäre wie wenn man von jeder Frau erwarten würde, mindestens C-Körbchen zu haben. Haben sie aber nicht.

Monsterparty
Xenophobie. Man macht sich über Gestalten lustig, nur weil die anders sind als einer selbst.

Claudia
Sodomophobie (gibt's das Wort schon?). Man macht sich über eine Frau lustig, die ihren Hund/Hengst halt wirklich "liebt". Wenn Liebe in der woken Weltansicht weder Alter noch Geschlecht kennt, dann kennt sie auch keine Spezies.

Ein Schwein Namens Männer
Sexismus und Misandrie. Hier werden alle Männer über einen Kamm geschoren. Natürlich gibt es einen Haufen Betamännchen, die notgeil auch paarungsunwilligen Frauen hinterhergaffen und unsagbares versuchen, um deren Gunst zu erringen. Allerdings haben die Meisten der verzweifelten Handarbeiter zwischenzeitlich herausgefunden, dass es viel schlauer ist, sich bei radikal feministischen Frauen mit Phrasen wie "The Future is Female!" einzuschleimen, anstelle ihnen klassisch den Hof zu machen. Dafür müssen sie sich nur ab und zu von ihrem Mannsweib mit Noppendildo peggen lassen, um damit zu symbolisieren, dass der Mann unter (und nicht über oder neben) der Frau steht. Das ist gelebter Feminismus! Ihr seid übrigens eine Schande für euer Geschlecht. Pfui.
...hach, sind diese Modewörter toll. Wer wissen will, was sie so bedeuten, soll googeln!
Es sind genau DIESE Lieder, die Hörer anderer Genres angezogen und die Ärzte mainstream - und somit stinkreich - gemacht haben. Selbstverständlich kann ein Mensch sich weiterentwickeln und sich auch von jetzt auf gleich dazu entscheiden, ein anderer Mensch zu sein. Nur als Künstler ist man nicht nur Erschaffer sondern auch Entertainer - und solche Lieder sind nur als Entertainment und mit Humor zu sehen. Und genau die Lieder, die einem Ruhm verschafft haben, sollte man nicht einstampfen. Zum einen, weil man es damals ja nicht für falsch hielt, was man schrieb - zum anderen , weil man ja als Musiker gleichzeitig Entertainer ist und damit sein Brot verdient. Gebet dem Volke seine Spiele!

Ich wiege wahrscheinlich genauso viel wie die drei zusammen und lache trotzdem über die Sprüche in Elke. Warum auch nicht? Die sind lustig und ergeben nun mal Sinn. Wenn wir uns alle mal ein bisschen weniger ernst nehmen, das Leben etwas lockerer sehen, den Finger nicht immer gleich erheben und nicht immer über alles stellvertretend empört sein würden, hätten wir alle mehr Spaß und es gäbe noch so etwas wie künstlerische Freiheit.

Mein einer Freund hat auf jeden Fall Recht - mehr als Schlager sind die net (mehr). Schade.
  • About the Author: Der Ciro ist begeisterter Musikmacher, -hörer und -kritiker.

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