Geschnitten oder am Stück

Geschnitten oder am Stück

Ihr kennt doch den Spruch: "Früher war alles besser!" - das stimmt ja auch, aber nur bedingt. Denn wir hatten beschissenes Internet und keine Smartphones. Außerdem konnte man damals nicht per Knopfdruck eine mp3 erstellen (ja, das war mal was besonderes).

Das Schlimmste für uns Gamer war aber, dass wir dem Nachfrage-Angebot-Gedöns ausgeliefert waren, wenn wir Videospiele kaufen wollten. Denn die Preise waren früher alles, aber nicht stabil - so hat Super Mario seine 90 DM gekostet, während man für etwas speziellere Spiele gern mal 160 DM auf den Tisch blättern musste.
Nachfrage und Angebot halt. Das Alles hat sich allerdings mitte der 90er, zur Geburt des N64 und der PSX, bei 100 DM eingependelt. Seit der darauffolgenden Generation, also PS2 und Xbox, kosteten die Spiele 120 DM (respektive 60 Euro). Und das blieb echt lange so.

Einen Vorteil hatten die Spiele damals: Jedes Videospiel war ein fertiges Produkt. Und mit fertig meine ich richtig fertig. Natürlich kam es dazu, dass Spiele dann Fehler enthielten, die, zumindest auf der Konsole, nacher nicht mehr auszubügeln waren. Add Ons waren für Konsoleros auch ein Fremdwort. Denn bis auf einige wirklich seltene Ausnahmen wie Metal Gear Solid: Special Missions, gab es sowas nicht. Tatsächlich musste man sich dann die neue Version kaufen. Wie das ausgesehen hat?

Ungefähr SO:

Beispiel 1: Mortal Kombat 3

Aufgrund ein paar Zwiste, kam Mortal Kombat 3 mit ein paar Lieblingen weniger in die Arcade-Hallen. Natürlich haben die Fans laut genug geschrien, sodass eine neuere Version, Ultimate Mortal Kombat 3, released wurde. Da gab es dann eine Wagenladung neue Kämpfer und auch Arenen dazu. Und ja, für die Heimkonsolen gab es die neue Version dann auch. Juhuu.
MK3 Select Screen | © NRS
Ultimate MK3 Select Screen | © NRS

Beispiel 2: Street Fighter II

Muss ich hier wirklich was schreiben? Ich liste einfach mal alle Releases auf:

Street Fighter II – The World Warrior (1991)
Street Fighter II' – Champion Edition (1992)
Street Fighter II' Turbo / Street Fighter II' – Hyper Fighting (1992)
Super Street Fighter II / Super Street Fighter II – The New Challengers (1993)
Super Street Fighter II Turbo / Super Street Fighter II X – Grand Master Challenge (1994)

Das war's? Haha, nein. Es geht noch weiter:

Hyper Street Fighter II – The Anniversary Edition (2006)
Super Street Fighter II Turbo HD Remix (2008)
Ultra Street Fighter II: The Final Challengers (2017)
Street Fighter 30th Anniversary Collection (2018)

Das ist schon so ein bisschen eskaliert, oder? 😅
Alle Street Fighter II Logos | geklaut bei http://eyzmaster.blogspot.com

Beispiel 3: Metal Gear Solid

Teil 1 der Reihe ist ein Meisterwerk und wurde auch genauso von der Gaminggemeinde aufgenommen. Das Gameplay war zu der Zeit noch sehr neu, sodass man zehn Trainingsmissionen spendiert bekommen hat. Diese Missionen waren bei den Fans so beliebt, dass eine Bonusdisc auf den Markt kam: Metal Gear Solid Special Missions. Randvoll mit neuen, kreativen, schwierigen und aberwitzigen Missionen, die einen stundenlang gefesselt haben. Was gäb ich für neue Puzzle-Missions...wie dem auch sei...

Bei den Teilen 2 und 3 hat man sich die Extradisc gespart und gleich neue Versionen mit zusätzlichen Missionen veröffentlicht. Aus Sons of Liberty wurde Substance und aus Snake Eater wurde Subsistence. Am Zusatztitel erkennt man also, ob man die Standardversion oder das Komplettpaket hat. Den ganzen Extrainhalt hätte man sich auch einfach sparen können, wenn es doch schon die Mögichkeit gegeben hätte, zusätzliche Inhalte herunterzuladen.


Da die Saga KONAMI gehört, werden die Fans geschröpft wo es nur geht. Tatsächlich kommt ja im nächsten Jahr - nach nur 10 Jahren oder so - endlich ein neues Spiel raus. Es handelt sich doch tatsächlich um ein vollständiges Remaster von Teil 3...dem Anfang von Allem! Daher kann man davon ausgehen, dass die gesamte Story noch einmal erzählt wird. Warum auch nicht? Es verkauft sich ja auch gut 💁🏻‍♂️

Doch bis dahin, können Fans die Zeit mit der Metal Gear Solid Master Collection Vol. 1 totschlagen. Und da ist was drin? Genau, neben Teil 1 und vielen Uraltgames bekommt man die bereits remasterten Versionen von Teil 2 und 3, von denen einer ja im nächsten Jahr ein komplettes Makeover spendiert bekommt. Daher habe ich darauf verzichtet, mir diese Collection zu holen. Natürlich darf man die mir immer noch zu Weihnachten oder Geburtstag schenken 🤡


Die Lösung: DLC!

Ob per Season-Pass oder Patch - heutzutage werden Spiele über längere Zeit über supportet und ver(schlimm)bessert. Ist es nicht geil, wenn man denselben Prügler seit 3 Jahren zockt, aber ständig neue Outfits und Kämpfer verfügbar werden? Das ist ne tolle Sache. Wenn man da mal an MKX zurückdenkt...hier hat NRS den Käufern nachträglich nicht nur neue Arenen sondern auch Finishing Moves geschenkt. Einfach so. Es wurden einfach mal neue Brutalities reingepatcht, die man dann zufällig herausgefunden hat. Mann, war DAS ein Spaß.

Das Tolle am modernen Gaming ist, dass die Preise seit der Generation PS2/Xbox relativ stabil geblieben sind, obwohl die Produktionen immer teurer wurden. Okay, seit Corona liegt die UVP oft bei 70-80 Euro, allerdings ist das eine Erhöhung, die zu verschmerzen ist, da die Qualität der Games immer besser wird. Daher macht es den Meisten Spielern auch nichts aus, für Extrainhalte den Rubel etwas weiter rollen zu lassen - sofern sich das Originalspiel nicht abgespeckt anfühlt.

Und genau an diesem Punkt fängt die Scheiße an.

Vor vielen Jahren haben Entwickler festgestellt, dass sie viel mehr Geld machen, wenn sie die Spiele verschenken aber sie so designen, dass man konstant aber langsam Fortschritte macht - ohne Obergrenze. Damit es etwas schneller geht, kann man hier und da mal nen Euro investieren. Natürlich ist das Ganze ein Fass ohne Boden, sodass die Entwickler für wenig Aufwand extrem viel Umsatz machen. KONAMI hat es soweit getrieben, dass beinahe nur noch Pachislots und Handyspiele herausgebracht wurden. Und das letzte Franchise, Pro Evolution Soccer, kann seit Jahren nicht mehr mit Fifa mithalten. Für was auch? Die Leute geben ja trotzdem Kohle für diese Drecksspiele aus.
South Park hat dies bereits in seiner Folge "Freemium isn't Free" (Staffel 18, Folge 6) mit dem Kanadischen Teufel brillant erklärt und durch den Kakao gezogen. Achtung: Eventuell geht die Folge nicht. Ich habe die offizielle Seite trotzdem mal verlinkt.

Stan wird süchtig nach seinem Handyspiel | © Comedy Central

Nur funktioniert dieses Modell bei klassischen Videospielen nicht. Da die Entwickler von klassischen AAA-Titeln aber auch etwas von diesem Kuchen für Raupe Nimmersatt haben wollen, mussten die sich was einfallen lassen. Und so kamen bereits zur Zeit der Xbox 360 und PS3 die DLC (DownLoadable Contents) zur Welt, wie ein kleiner gieriger Antichrist, der anstatt der Seelen nur das Geld der sündigen Gamer einsacken will.

$10 PSN Guthabenkarte

An sich sind Add Ons eine tolle Sache. Ein Spiel, das man schon hat und toll findet, wird erweitert und macht so wieder Spaß. Allerdings hat das Ganze etwas überhand genommen. Nehmen wir doch mal ein Beispiel aus dem Alltag:

Stell dir vor, du gehst in den Mecces. Für nen Zehner bekommst du ein ganzes Menü mit Burger, Fritten, Cola und Ketchup. Du willst noch mehr? Dann hol dir ein Eis oder eine Apfeltasche dazu. Oder beides. Warum auch nicht?

Und jetzt stell dir vor, du bekommst für den gleichen Preis plötzlich nur noch einen Burger - und noch bevor der dir an den Tisch gebracht wird, bekommst du die Möglichkeit, zusätzlich Pommes und Cola in Lieferung 1 und dann ein Eis und eine Apfeltasche mit Lieferung 2 zu bestellen. Natürlich kostet das extra. Während den Wartezeiten, gibt es noch kleine Futterboxen, mit denen du dir ein Extragetränk oder -belag für den Burger holen kannst. Um das so richtig schön spannend zu gestalten, ist, was in der Futterbox drin ist, natürlich purer Zufall. Und natürlich kostet das lächerlich viel Geld.

Genau das ist mit Gaming passiert. Früher war alles im Spiel freischaltbar. Heute bekommt man nur noch das Nötigste geliefert und muss für jedes noch so kleine Item extra Geld zahlen. Warum? Weil wir das mit uns machen lassen.

Hier ist Call of Duty 37. Wir haben 3 Maps und 5 Charaktere. Jeden Monat kommt ein neuer Soldat, den du dir holen kannst - natürlich für Echtgeld. Allerdings bekommst du nicht den Soldaten selbst, sondern Ingame-Währung, mit dem du eine Chance von 0,45% hast, deinen gewünschten Charakter durch Kauf einer Lootbox zu erhalten. Natürlich gibt es den mit 3, 4 oder 5 Sternen, damit man auch richtig schön viel Schotter reinschaufelt, um den 5*er zu bekommen. Natürlich muss man den auch mehrfach bekommen, um spezielle Fähigkeiten freizuschalten. Denn ohne die Spezialfähigkeiten, hast du nichts von dem neuen Charakter.

Aber keine Sorge! Wenn du bei GameStop vorbestellst, erhältst du 3 Lootboxen (mit Bonuschance von 0,96%!) für den Wert von jeweils 5 Euro kostenlos dazu. Außerdem eine neue Skin für Soldat 1. Wenn du aber bei Amazon vorbestellst, bekommst du die Skin für Soldat 2 und 3, allerdings nur 2 Lootboxen.

Ja, das ist jetzt vielleicht etwas übertrieben, aber ungefähr so läuft das heutzutage. Bei einem Free2Play Pay2Win-Game ist es ja nachvollziehbar, dass man mit Lootboxen, Kristallen und Boosterpacks Kohle scheffeln will - aber für ein Spiel den vollen Preis bezahlen zu müssen um sich dann die eigentlichen Inhalte mühsam zusammenzugrinden oder mit hart erarbeitetem Geld zu erkaufen, ist schon nicht mehr dreist sondern geplanter Beschiss. Es gibt keine "Guckt mal, wir hatten da noch eine tolle Idee und für 10 Euro könnt ihr das Spiel erweitern"-DLC mehr. Nein. Heute bekommt man die Wahl, ein Auto ohne Airbags, Radio, Klimaanlage, Uhr, Tankanzeige und Tachometer zu kaufen. Wenn man das volle Programm will, muss man halt den Car-Pass kaufen und bekommt im Abstand von zwei Monaten eines der zusätzlichen Features dazu - wenn man Glück hat. Wenn man Pech hat, muss man für die Rückspiegel und den Auspuff dann trotzdem noch mal was drauflegen.

Also was tun?

Nichts. Einfach nichts. Übliche DLCs gönne ich mir gerne, allerdings verzichte ich persönlich so lange auf Lootboxen und sinnlosen Content, bis die Preise wieder realistisch werden. Ja, die Spieleentwicklung wird immer teurer und es spricht nichts gegen die eine oder andere Erweiterung. Allerdings kann man die Kuh nicht ewig melken - entweder fällt sie tot um oder sie gibt dir einen so heftigen Tritt in die Eier, dass sie dir aus der Nougatschleuse rausploppen.
  • About the Author: Sub-Ciro hat langsam die Schnauze voll von Mikrotransaktionen für AAA-Titel.

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